Näpfle – ein Thüringer Original
Habt ihr schon mal von Näpfle gehört? Mit größter Wahrscheinlichkeit nicht, denn hierbei handelt es sich um eine regionale Spezialität aus Thüringen (vermutlich der Greizer Gegend oder Region Vogtland), die ich anderswo in Deutschland bisher noch nicht gefunden habe.
Zumindest nicht unter diesem Namen. Vor einiger Zeit lieferte Google hierzu praktisch keine Treffer. Inzwischen werden immerhin zwei Seiten mit einem Rezept gelistet, beide aber in einer Variante, die zumindest mir weniger geläufig ist (siehe unten: herzhafte Näpfle) und vom mir bekannten „Original“ abweicht. Der Name beschreibt die Form dieser wunderbaren kleinen Süßspeise und zugleich das Kochgeschirr in welchem sie zubereitet wird. Oma Anna hatte dafür früher ein spezielles Näpfe-Blech, vergleichbar mit einem Muffinblech, nur dass die Förmchen an der Innenseite nicht glatt sondern wie bei Minikuchen gewellt und etwas größer waren.
Nur original mit dem Näpfle-Blech
Eigentlich sah es aus, wie eine Reihe kleiner Napfkuchenformen, die auf einem Backblech festgemacht waren. Über die Jahre in einem alten Gasherd schwer genutzt und mit der damals üblichen Pflege für Kochgeschirr versehen (nach Gebrauch nur mit einem trockenen Tuch kurz auswischen, nur nicht aufwaschen!), war es komplett schwarz und nach heutigen Maßstäben absolut unansehnlich geworden. Und trotzdem konnte man damit die besten Näpfle der Welt herstellen. Vor allem die Kinder liebten sie als Nachtisch oder statt Kuchen zum Nachmittag. Mit keinem heute erhältlichen Kochgeschirr sind mir vergleichbar gute Ergebnisse gelungen, aber da mag auch die etwas verklärte Kindheitserinnerung ihren Anteil dran haben. Manche Sachen konnte halt nur Oma richtig gut. Das Näpfle-Blech ist bedauerlicherweise wie so vieles einer Aufräumaktion zum Opfer gefallen und natürlich heute nirgends mehr erhältlich. Daher behelfen wir uns heute mit einem möglichst großen Muffinblech oder mit einer Reihe kleiner Kuchenformen für Mini-Napfkuchen. So ganz erreicht man damit das Original zwar nicht, aber trotzdem schmecken die Näpfle himmlich. Glücklicherweise ist zumindest das Familienrezept erhalten geblieben und so gibt es auch bei uns wieder Näpfle – die Kinder lieben sie immer noch, genau wie früher.
Traditionell werden Näpfle mit (selbst gemachtem) Apfelmus und einer heißen Vanillesauce serviert. Notfalls reicht auch nur die Vanillesauce. Eine schöne Alternative dazu sind heiße Heidelbeeren mit Vanillesauce oder andere rote Früchte. Es gibt sogar eine herzhafte Variante der Näpfle. Dabei wird ausgelassener Speck zusammen mit dem Teig in die Förmchen gegeben. Bei Gelegenheit müssen wir das mal wieder probieren – Bericht folgt.
Die Zubereitung der Näpfle ist einerseits ganz einfach: im Prinzip basieren sie auf einem simplen, etwas flüssigeren Eierkuchenteig. Der Unterschied liegt in der Zubereitung im Backofen. Und damit wird es andererseits etwas tricky. Näpfle sind Mimosen – fast wie Soufflés. Gehen sie auf oder nicht? Wie schnell fallen sie zusammen, wenn sie aus dem Ofen kommen? Man muss etwas probieren und eigene Erfahrungen sammeln. Aber es lohnt sich, denn Näpfle schmecken immer – egal ob perfekt aufgegangen oder nicht. Also los … hier ist das einzig wahre Rezept für Vogels Näpfle:
Zutaten für ein Näpfe- oder Muffinblech oder 8 kleine Fröschen
- 4 Eier (groß!)
- 250 ml Milch
- 125 g Mehl
- 1 Prise Salz
Lässt sich gut mit der Faustformel 4 – 1/4 – 1/4 merken: 4 Eier – 1/4 Liter Milch – 1/4 Pfund Mehl.
Anmerkung: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Teig etwas besser wird, wenn man weniger Mehl verwendet. So zwischen 100 g und 125 g liegt wohl die Wahrheit. Vielleicht waren früher die Eier größer oder das Mehl anders. Einfach mal probieren oder wirklich große Eier verwenden.
Zubereitung
1. Alle Zutaten in der Küchenmaschine oder mit dem Schneebesen von Hand zu einem glatten, flüssigen Teig verrühren. Dieser muss absolut klümpchenfrei sein. Teig mindestens 15 bis 20 Minuten ruhen lassen, bevor er weiter verarbeitet wird. Dann nochmals kräftig durchrühren.
2. Inzwischen den Ofen vorheizen: 180 Grad, Ober-/Unterhitze. Die Förmchen gut einfetten. Dazu gibt man am besten ein kleines Stück Butter in jede Form und stellt diese für wenige Sekunden während des Aufwärmvorgangs in den Backofen. Die weich gewordene Butter dann mit einem Küchentuch aus Papier gut in den Formen verteilen, dabei bis zum oberen Rand einfetten.
3. Teig mit einer Schöpfkelle in die Förmchen füllen. Diese werden jeweils nur zu einem Viertel bis max. einem Drittel gefüllt. Nicht mehr! Näpfle im Ofen ca. 20 Minuten backen. Achtung – es gibt zwei Regeln dafür: 1. Niemals zwischendurch die Tür öffnen. Die Näpfle könnten sofort zusammenfallen oder nicht mehr aufgehen. 2. Geduld. Es kann sein, dass sich die ersten 15 Minuten quasi nichts tut. Aber wenn man die Anleitung befolgt, gehen die Näpfle sicher auf. Meist in den letzten Minuten. Im Zweifelsfall die Backzeit um 5 Minuten verlängern. Die Näpfle sind fertig, wenn sie über den oberen Rand der Form aufgehen und goldgelb-hellbraun werden. Häufig entstehen dabei interessante Gebilde – kein Näpfle gleicht dem anderen. Während der Backzeit kann man übrigens in aller Ruhe das Obst und die Vanillesauce zubereiten sowie den Tisch decken … denn jetzt muss alles schnell gehen:
4. Servieren. Auch hierfür gibt es eine Regel: So schnell wie möglich! Näpfle direkt aus dem Ofen auf den Teller bringen. Deshalb ist das gute Einfetten wichtig. Dies geht am besten mit ein oder zwei kleinen Gabeln. Egal wie schnell man ist: sie fallen auf jeden Fall zusammen; das abermacht nichts. Wie sehr hängt von der Qualität des Teigs und der Schnelligkeit des Servierens ab. Dem Geschmack tut’s eh keinen Abbruch. Auf dem Teller sofort mit zwei Gabeln oben aufreißen, mit Früchten füllen, Vanillesauce drüber … und lecker!
Zu den Näpfle servierte man bei uns meistens Apfelmus, aber auch mal heiße rote/dunkle Früchte (vorzugsweise Heidelbeeren) und stets eine warme Vanillesauce.
Viel Erfolg!
Update aufgrund der vielen Nachfragen:
So oder so ähnlich sahen diese alten Backformen aus. Es gab sie in unterschiedlicher Größe. Bei eBay und im Antikhandel kann man sie manchmal finden, aber ich fürchte, zum Backen sind die wenigstens wirklich noch geeignet.
18 Comments
Carola Stephan
Hallo, danke für das Rezept, ich liebe sie so sehr wir haben sie immer mit Speck gemacht voll lecker , übrigens ich bin in Greiz groß geworden liebe grüße Carola
Gisela aus Holland
Meine Mutter kam aus Greiz und hat öfters mal Näpfle gemacht. Hat immer köstlich geschmeckt! Ich glaube, sie machte auch mal ’nen Pilzragout dazu (Speckwürfel allerdings auchh!). Oh ja, und wir hatten damals auch so ein original Näpfle Backform! Leider war es zuletzt ganz rostig geworden und mussten wir es im Mülleimer werfen….ich weiss nicht ob die modernen Backformen einen guten Erfolg geben werden, die scheinen mir viel doch zu niedrig, oder?
Edgar
Mich beschäftigt diese Kindheitserinnerung auch schon lange. Hab kürzlich die 6er Form doch mal vom „uralten“ Fettschmutz befreit und will sie demnächst neu „einbacken“. Danke für das hier gefundene Rezept. Daran ist es bis jetzt gescheitert. Bin in Reichenbach im Vogtland groß geworden und hab die Form zum Günther’sch Bäck in der Nebelstraße getragen, voll Vorfreude. Bei uns hieß das auch „Spitzauf“. Ein Begriff, den Google noch nicht kennt.
Birgit
Unter allen möglichen und unmöglichen Begriffen habe ich das Rezept gesucht.
Bis mir endlich der rettende Gedanke kam, mal „Näpfle“ einzugeben!
Und siehe da….!
Die Näpfle kenne ich auch aus meiner Kindheit, und meine Oma hat immer eine Hälfte mit und eine ohne Speck gemacht.Einfach traumhaft! Ich stamme übrigens aus Elsterberg, was ja auch zum Vogtland gehört.
Die Näpfleform ist leider auch mit der Oma den Weg alles Vergänglichen gegangen.
Trotzdem probiere ich es mal .Vielleicht geht es auch mit kleinen Keramikförmchen.
Herzliche Grüße an alle Vogtländer!
Wolfgang Reißmann
Hallo zusammen, ich habe schon lange vor, mich um die Auferstehung dieses leckeren Gerichtes zu bemühen. Vorweggesagt, es ist sicher eine gesamt-vogtländische Spezialität, wozu auch das thür. Greiz zählt. Als Kinder war das immer Aufgabe unserer Oma, die Näpfle zuzubereiten, natürlich in den speziellen Näpfleformen. Ich glaube, es waren 3×4 Formen aneinander gereiht. Wir Kinder durften das Werk dann zum Bäcker tragen und waren schon ganz hippelig bis die kleinen runden Näpfle endlich auf den Tisch kamen. Besonders der zerlassene Speck duftete ganz toll. Leider ist nicht mehr nachzuvollziehen, wohin die Backform gelangte, sicher bei den mittlerweilen vielen Haushaltsauflösungen untergegangen. Wir werden nun mal die modernen Silikonformen ausprobieren. Viele Grüße an alle Näpfle-Fans aus Lengenfeld im Vogtland
Gisela Lenk
Hallo Tobias, super, dass Dein Näpfle-Rezept einige Greizer aus dem ganzen Land zusammenbringt! Auch ich bin geboren in dieser kleinen Stadt und habe jahrelang nach der Form gesucht. Meine Nichte hat mir schließlich eine in jammervollem Zustand besorgt und mein Bruder hat sie aufarbeiten lassen. Allerdings mit wenig Erfolg. Heute habe ich bei TK MAXX in Berlin Tortilla Bakers gefunden. Die haben die Original-Form, sind aber 3× so groß und auch nur als 2er-Einzelset zu bekommen. Aber egal, Näpfle können nicht groß genug sein, oder? Meine Mutti hat sie auch immer mit ausgelassenem Speck gebacken und dazu gab’s Apfelmus. Danke, dass Du Dein Rezept veröffentlicht hast. Meins war leider nicht von Erfolg gekrönt. Ich werde mir das als Neujahrsfestessen gönnen. Rutsch gut in’s Neue Jahr 2018 und mit Dir alle Greizer! L. G. in die alte Heimat von Gisela aus Erkner
Wolfgang Dölz
Danke, für de Näpfle Information. Ich bin in Gräz geboren und aufgewachsen. Wie schmecke ich sie noch, wenn ich das lese. Meine Mutter sagte aber immer Aufläufer dazu. Ich musste die Form mit dem Teig immer zum Meyers Bäck ecke 1.Bergstrasse bringen, der schob sie dann in de Backofen. Nach euren Infos probier ich es jetzt auch selber mal
Tobias Vogel
Oh ja … diese Variante kenne ich auch, habe aber immer die süße bevorzugt.
Christiane
Ich bin Greizerin und die leckeren Näpfle hat mein Papa immer gemacht, nur hat er noch ausgelassene Speckwürfelchen dazu gegeben.
Kindheitserinnerungen…
LG Chris
Bill Pleißner
Hab sie heute mal wieder nach 10 Jahren wieder gemacht , einfach lecker
andre
Hallo!
Ich kann es kaum fassen – Ihr kennt Näpfle!
Für mich eine der schönsten Kindheitserinnerungen!
Es ist wie Tobias schreibt, in Greiz gab es Näpfle mit Apfelmus oder Vanillesoße. Tannte Erna hat diese Leckerei so ziemlich immer serviert wenn meine Schwester und ich bei meiner Oma waren. Ich kann mich noch genau erinnern wie Sie mit der heißen Näpfleform über den Hof kam..und wie es dann duftete. Ich glaube bei Tante Erna sind die immer geglückt. Meine Kinder sollen auch Näpfle bei der Oma bekommen. Das heißt ich muss jetzt unbedingt so eine Form finden..
Vielen Dank und viele Grüße aus Greiz an alle Näpfle-Fans!
Tobias Vogel
Ja, als Brioche oder Mini-Brioche Formen kann man z. B. bei Amazon einiges finden. Aufpassen: Brioche Formen sind sehr groß (22 cm), die Miniausgaben liegen bei 9 bis 11 cm Durchmesser und ca. 4 cm Höhe. Das passt.
Caro
Hallo zusammen,
hab mich damals in die Näpfle meiner Oma verliebt (aus dem SOK) und bin froh, das Rezept hier gefunden zu haben. Zum Thema Backform: Probiert es mal mit dem Suchbegriff Backform Mini Brioche. Die sehen auch so aus.
Viel Spaß und guten Appetit
Beatrice Lampe
Hallo Tobias,
Ihr Beitrag ist rundum perfekt. Ich stamme nämlich gebürtig aus Pausa im Vogtland und auch meine Oma machte Näpfle. Nach dem gleichen Rezept; mit Apfelmus oder Speck und einer ebensolchen schwarzen, alten 6er Eisen-Form.
Liebe Grüße von der Ostsee; Beatrice
Tobias Vogel
Oh… das weiß ich wirklich nicht mehr. Kaufhaus vermutlich. Das ist nichts Besonderes. Schick mal ein Foto von der Näpfle-Form. Würde mich interessieren, wie die aussieht! Betre Grüße, Tobias
Alex
Darf ich fragen, wo Du die Förmchen her hast? Die sind dem Original wirklich sehr ähnlich! Habe noch eine Näpfleform von meiner Oma… die nur leider total verrostet war und daher nicht mehr für Lebensmittel geeinget ist.
Und bisher habe ich mich nicht getraut, die Näpfle in einer Muffinform zu machen.
Meine Oma war übrigens eine Vogtländerin 🙂
M.Jukiel
Hallo…
Super das ich den Begriff “ Näpfle “ im Google gefunden habe. Auch mir ist diese Leckerei ein Begriff aus Kinderzeiten. Meine Oma hat diese regelmässig gemacht und das Näpfleblech kenn ich genauso wie du es beschrieben hast.
Allerdings wurde bei uns immer ausgelassener Speck verwendet und ich kenne eigentlich nur die süsse Variante.
Also ausgelassener Speck in die Form etwa ein Teelöffel voll.. darauf dann den von dir beschriebenen Teig giessen und hochbacken lassen.
Dazu dann Heidelbeerkompott… ein Gedicht.
Leider ist unsere geerbte Näpfleform auch abhanden bekommen und ich finde keine mehr zum kaufen.
Aber Dank Deiner Bilder weiß ich mir nun auch Abhilfe zu schaffen.
Im Übrigen gab es diese Leckerei auch im Erzgebirgischem Raum.
Lg Manu
weiß
ich backe so etwas gerade!